Kluge Entscheidungshilfen im Rathaus Stadt Schrobenhausen erprobt dazu Software easy-mind Im oberbayerischen Schrobenhausen geht man neue und recht ungewöhnliche Wege. Mit Hilfe easy-mind, einem neuen web-basierenden Instrument zur Entscheidungshilfe, werden in der Spargelstadt komplexe und strittige Entscheidungsprozesse zukünftig von der Verwaltung softwareunterstützt vorbereitet und begleitet. "Die Sichtweisen von Verwaltung, Stadträten, Bürgern und Medien sind naturgemäß nicht immer identisch. Die Methode von easy-mind kann uns helfen, konträre Diskussionen und Bewertungen den Beteiligten einfacher und verständlicher darzustellen. Im Rahmen eines einjährigen Projekts wollen wir bei wichtigen Entscheidungen herausfinden, ob sich dieser lösungsorientierte Ansatz in der Praxis auch bewährt", erläutert Verwaltungsleiter Reinhard Scholz die Zielsetzung des in Bayern bisher wohl einmaligen Projekts. Pro & Contra Bei einem Workshop konnte sich ein Team aus Abteilungsleitern des Rathauses mit dieser neuen Form der Entscheidungsfindung vertraut machen. Unter Moderation von Jörg Bucher, Kursleiter im Bürgernetzverein Pfaffenhofen, wurde im PC-Raum das aktuelle Pro & Contra einer geplanten Umgehungsstrasse diskutiert und per Beamer gemeinsam abgebildet. Dazu wurde eingangs die passende Fragestellung formuliert "wie verringern wir die Belästigung durch LKW-Verkehr" ? Sieben Kriterien machte man gemeinsam ausfindig, welche die Entscheidung beeinflussen: "Naturschutz, Kosten, Wohnqualität, Akzeptanz, Wirtschaftssicherung, etc." Im nächsten Schritt stellte die Software alle Kriterien durch paarweise Vergleiche einander gegenüber. Ebenso die drei Lösungsvorschläge "intelligente Ampelschaltung, Nordosttangente, Südwesttangente", die dazu in die engere Wahl kamen. Gewichtung und Bewertung Abschliessend musste jeder Abteilungsleiter alle Kritieren und Alternativen anhand der vorgelegten Vergleiche gewichten bzw. bewerten. Dies erfolgte mit einem virtuellen Schieberegler auf einer Skala von eins bis neun entsprechend seiner subjektiven Meinung. Auf diese Weise ermittelte jeder am eigenen Bildschirm seine favorisierte Lösung. Am Ende des Workshops schaltete der Team-Moderator die persönlichen Einzelergebnisse zusammen in ein gemeinsames Team-Ergebnis, um die noch verbliebenen Meinungsdifferenzen unter den Team-Mitgliedern augenblicklich visualisieren und klären zu können. Bauchgefühl kritisch hinterfragt Stadtbaumeisterin Tanja Dewald war beeindruckt von der Wirkungsweise: "Die Methode hat mir nicht nur geholfen mein Bauchgefühl kritisch zu hinterfragen. Durch die strukturierte Führung im Instrument wurde mir sehr bewusst gemacht, welche der widersprüchlichen Argumente wirklich bedeutsam sind. Ich erkenne vor allem klar, warum ein Argument wichtiger bzw. unwichtiger ist. Gerade wenn meine fachliche Kompetenz und Objektivität als Stadtbaumeisterin bei einem konkreten Bauprojekt zunehmend durch die politisch öffentliche Diskussion beeinflusst wird !" Die Software wurde von mehreren Bürgernetzmitgliedern entwickelt. Sie wird zur Zeit auch in Firmen wie z.B. im Nahrungsmittelkonzern Hipp getestet. Sie basiert auf dem so genannten "Analytic Hierarchy Process" (AHP) einer amerikanischen Methode der modernen Entscheidungstheorie. Ziel der neuen Methode ist es, durch klare Transparenz aller Bewertungen die Qualität einer Diskussion aber auch die Akzeptanz im Team zur gemeinsamen Lösung erheblich zu steigern und somit den Entscheidungsprozess bzw. dessen Umsetzung deutlich zu beschleunigen. Bestechende Präzision Bucher, zugleich Mitentwickler von easy-mind, sieht dabei im Vergleich zu anderen Methoden wie z.B. der Nutzwertanalyse gravierende Vorteile: "Für die NWA genügt zwar Bleistift und Papier. Sie ist mathematisch ein Näherungsverfahren, wenn auch überzeugender als 'Würfeln'. Aber der AHP besticht vor allem in seiner Präzision und im Aufdecken von Widersprüchen bzw. beim Überprüfen der Stabilität einer Team-Entscheidung." Das Instrument steht als Web-Tool jedem (Team) im Internet kostenfrei zur Verfügung unter www.easy-mind.de. In Schrobenhausen wünscht man sich die Beteiligung noch anderer Kommunen an dem Projekt z.B. aus dem bayerischen Innovationsring. Man möchte die Erfahrungen und Wirkungen aus dem Projekt untereinander austauschen, besser vergleichen und einordnen können. [ weitere Infos zum Nutzen & Einsatz von easy-mind im Rathaus ] |